SCHÖN SCHARF

MANCHE MÖGEN’S HEISS

Hot – das bedeutet im Englischen nicht nur „heiß“, sondern auch „scharf“. Kein Wunder, breitet sich doch im Mund nach dem Genuss scharfer Speisen ein brennendes Gefühl aus – und ganz schön warm wird uns manchmal auch.

Genau genommen ist „scharf“ keine Geschmacksrichtung wie „süß“ oder „salzig“, sondern ein Schmerzreiz. Statt der Geschmacksknospen auf der Zunge nehmen die Wärmerezeptoren in der Mundschleimhaut Schärfe wahr. Diese sind eigentlich dafür zuständig, uns zu warnen, wenn wir etwas zu Heißes essen und uns verbrennen. Klingt jetzt erstmal gar nicht so richtig lecker. Aber es gibt gute Gründe, warum viele Menschen scharf auf Scharfes sind.

Einer davon ist, dass Hitze paradoxerweise abkühlt. Da durch das vermehrte Schwitzen ein Kühleffekt entsteht, ist es naheliegend, dass scharfe Gerichte besonders in südlichen Ländern beliebt sind. Andererseits ist es kein Zufall, dass Zutaten wie Zwiebeln, Meerrettich, Radieschen oder Kresse auch im Norden auf dem Speiseplan stehen. Mit ihrer Schärfe wärmen sie nämlich von innen heraus auf. Dass Stoffe wie das in Pfeffer enthaltene Piperin oder das Capsaicin in Chili die Durchblutung der Schleimhäute anregen, hat noch einen anderen willkommenen Effekt, der überall auf der Welt geschätzt wird: Wir nehmen auch die anderen Aromen der Speisen intensiver wahr. Schärfe ist also eine Art natürlicher Geschmacksverstärker, der zum Beispiel ein gutes Curry oder Chili con Carne noch köstlicher macht.

Außerdem setzt der Schmerzreiz vermehrt Endorphine frei. Glückshormone, die sonst auch bei Langstreckenläufen entstehen können. Das sogenannte „Pepper-High“ können wir dagegen ganz bequem im Restaurant erleben. Mit edlem Szechuan-Pfeffer, der zudem eine frische zitronige Note mitbringt, ebenso wie mit Wasabi. Mit frischem Ingwer genauso wie mit feurigen Jalapeños. Übertreiben sollten wir es dennoch nicht, denn wie viel Schärfe wir vertragen, ist Gewohnheitsund Übungssache. Das wissen auch die Chefs beispielsweise asiatischer oder mexikanischer Restaurants, die Gerichte häufig mit Schärfegraden kennzeichnen. Und was der eine als „mild“ empfindet, lässt den nächsten mit hochrotem Kopf zum Wasserglas greifen. Was übrigens genau der falsche Move ist: Ein Stück Brot oder Fetthaltiges wie ein Löffel Joghurt wären die bessere Wahl, um das Feuer zu löschen.

Wie scharf ist das denn?
Obwohl wir Schärfe ganz unterschiedlich wahrnehmen, gibt es zumindest für den Capsaicin-Gehalt von Lebensmitteln eine eindeutige Messskala, die nach ihrem Entwickler Wilbur L. Scoville benannt wurde. Danach weisen etwa Gemüsepaprika Werte von 0 bis 10 Scoville auf, Peperoni liegen zwischen 100 und 500, Cayennepfeffer bereits bei 30.000 bis 50.000 Scoville. Die Habanero, eine der schärfsten Chili Sorten, erreicht dagegen Werte von 100.000 bis 350.000.

Text: Stefanie Gomoll | Fotos: istock.com/Lilechka75, Arne Ruis

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